Erlanger Stadtforscherhaus in der Warteschleife

13.1.2017, 00:00 Uhr
Erlanger Stadtforscherhaus in der Warteschleife

© Harald Sippel

(Platzhalter))Wie das künftige Stadtforscherhauses einmal aussehen könnte, kann sich Pia Tempel-Meinetsberger genau vorstellen. Die Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins muss einfach nur durch das schmale, langgestreckte Gebäude an der Lazarettstraße gehen, das der Verein vor vier Jahren gekauft hat und in ebendieses Stadtforscherhaus umwandeln will. In einem Zimmer hängt ein Bild an der Wand. Es zeigt das Haus von der Nördlichen Stadtmauer Straße, dem ehemaligen „Saugraben“ aus, samt Stadtmauer. Eine geradezu heitere Ansicht, mit vergnügten Spaziergängern und spielenden Kindern.

Doch das Bild ist nicht echt, sondern eine Simulation. Das Haus, in dem es hängt, ist weit davon entfernt, so hübsch auszusehen. Es ist vielmehr eine einzige Baustelle. Boden und Balken wurden freigelegt, das Haus wurde aufs Genaueste untersucht. Dadurch kam heraus, dass Teile des Gebäudes — eigentlich ein Doppelhaus, ein langer, schmaler Schlauch — aus dem Jahr 1669 oder 1670 stammen und somit sogar noch älter sind als bisher angenommen. Die Baustelle hingegen stagniert inzwischen.

Denn sanieren kann der Heimat- und Geschichtsverein das Gebäude erst, wenn das Fundament sicher ist. Und das heißt: die Stadtmauer. Dass auch diese vom Verfall bedroht ist und saniert werden muss (insgesamt werden dafür 1,2 Millionen Euro veranschlagt), wurde längst erkannt. Davon zeugen seit Jahren Stützpfosten und Absperrgitter im Saugraben. Vor einem Jahr kam schließlich Bewegung in die Sache. Die Stadt kam auf die sieben Anlieger zu, deren Gebäude an oder auf die Stadtmauer gebaut sind, und kündigte an, dass sie die Kosten der Sanierung für diese Mauerteile zur Hälfte auf sie umlegen will (die EN berichteten). Doch sie stieß auf Widerstand. Jetzt soll es weitere Gespräche mit der Stadtspitze geben. Mit einer Lösung, die für alle annehmbar ist, hofft Pia Tempel-Meinetsberger.

Eine hälftige Kostenübernahme durch die Anlieger gehört dazu jedenfalls nicht. Da das künftige Stadtforscherhaus, bei einer Breite von nur fünf Metern, immerhin über ganze 20 Meter hinweg auf der Stadtmauer sitzt, würden auf den Heimat- und Geschichtsverein Kosten zukommen, die höher wären als der Grundstückswert. Unabhängig davon zieht die Vereinsvorsitzende in Zweifel, dass es rechtens sei, die Anlieger zur Kasse zu bitten. Die Stadtmauer sei einst als Schutzmauer gebaut worden, erst hinterher — beispielsweise 1670 — durften Bürger ihre Häuser an oder auf sie bauen. Eigentümer der Mauer seien sie dadurch aber nicht geworden. Weder historisch noch grundbuchrechtlich sei dies zu belegen.

Für Pia Tempel-Meinetsberger steht fest, dass sich beim Stadtforscherhaus bald etwas tun muss. Ein Datum hat sie dabei insbesondere im Kopf. Den 4. April. An diesem Tag ist die Jahreshauptversammlung des Heimat- und Geschichtsvereins. Dann muss sie die 650 Mitglieder darüber informieren, wie es um das Gebäude steht. Oder vielmehr: Was daraus wird.

„Sie müssen wissen, was Sache ist und was finanziell auf den Verein zukommt.“ Und auch, „wie viele Spenden wir noch einsammeln müssen“. Damit dann endlich losgelegt werden kann. „Mit hohem ehrenamtlichen Einsatz“, wie Pia Tempel-Meinetsberger sagt. „Wir brauchen eine Motivation weiterzumachen“, schiebt sie hinterher. Da schwingt die Hoffnung mit, dass auch bei der Stadt die Mühen der Ehrenamtlichen gesehen werden.

In einer Hinsicht kann sich der Verein aber auch selbst motivieren. Denn wenn es gelingt, das Haus bis zum Jahr 2019 auf Vordermann zu bringen, ist dies das schönste Geschenk zur 100-Jahr-Feier des Vereins.

Dann kann er mit seinen Geschäftsräumen ins Stadtforscherhaus ziehen und zugleich in einer Wohnung in der anderen Hälfte des Gebäudes einen jungen Geschichtsforscher unterbringen: Einen Studenten oder Doktoranden der FAU, der sich mit der Erlanger Stadtgeschichte befasst.

Das würde passen, findet Pia Tempel-Meinetsberger. „Das hier ist einfach die älteste Ecke Erlangens, noch aus der Zeit vor dem Altstadtbrand.“ Das Viertel, so meint sie, „hat ein ganz eigenes Flair“.

Das ZDF zeigt am Sonntag, 15. Januar, ab 18.30 Uhr in der Sendung „Terra Xpress“ einen Beitrag über die denkmalgeschützte Erlanger Stadtmauer und das Vorhaben der Stadt, die Sanierungskosten auf die Anlieger umzulegen. Unter dem Kennwort „Stadtforscherhaus“ kann man den Erhalt eines der ältesten Baudenkmale der Altstadt unterstützen: Kontoinhaber Heimat- und Geschichtsverein Erlangen e.V., IBAN: DE06 7635 0000 0019 0009 29, Stadtsparkasse Erlangen.

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